Nachdem ich am Samstag eher widerwillig gestartet bin war die Anfahrt doch recht kurzweilig. Nicht nur weil ich meine mitfahrenden Jüngsten bei Ihrem ersten Dosenausflug begleitete…
Die Bahn war leidlich frei und der Verkehr hielt sich in angenehmen Grenzen.
Kurz vor Rottweil steht ein Schild an der A81: Naturpark Südschwarzwald oder so ähnlich. Dort fing es dann auch prompt zu regen an.
Glücklicherweise nicht so stark und mit immer wieder trockenen Abschnitten, so dass kein Tropfen durch das dicke Lederzeug meine winterlich bleiche Haut erreichte.
Irgendwo bei Tuningen überholte ich eine silberblaue (?), mit 2 Personen beladene K1200; Sollte das jemand aus dem Forum gewesen sein, bitte ich das respektlose Manöver meiner kleinen K100 zu verzeihen; – Meine Söhne hatten zwischenzeitlich entdeckt, dass das Gaspedal noch Spielraum nach 140km/h hatte und ich war mir nicht sicher, ob sie die richtige Ausfahrt bei Donaueschingen finden würden.
Auf diesem Zubringer scheuchte mich dann auch hinterrücks ein seltsames Fahrzeug von der, eigentlich von mir gepachteten linken Spur.
Schwarz war das Fahrzeug mit allerlei weissem plastikzeugs ringsherum beklebt und ohne jegliche Beschriftung sah ich das porscheähnliche Fahrzeug urplötzlich im Rückspiegel auftauchen und konnte gerade noch nach rechts weghuschen, da war es auch schon vorbei.
Vermutlich sind wir dem Erlkönig begegnet:
„Du liebes Kind, komm geh’ mit mir!
Gar schöne Spiele, spiel ich mit dir,
Manch bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine Mutter hat manch gülden Gewand.“
Wollen hätte ich schon mögen, nur leider war diese Rakete viel zu schnell für mich.
Runter von der Autobahn und auf der B317 konnten dann meine Jungs kennen lernen, wie es ist, eine Dose in kurvigem Geländ‘ zu bewegen.
Glücklicherweise hatte ich meine Winterhandschuhe auch dabei, denn ab Titisee wurde es dann richtig kalt.
Feldberg im Regen, wenn neben der Strasse noch meterhoch der Schnee liegt macht keinen Spass. Das dachte sich wohl auch der eingeborene Harleyfahrer, dem ich ein Stück weit folgte, in der Hoffnung er würde mir das Kurventempo vorgeben. Leider hatte der vermutlich nur im Sinn, wie er die Wasserflecken wieder vom Chrom bekommt und so musste ich ihn dann irgendwann hinter mir lassen. Starker Niselregen, nasse, glitschige Bitumenlängsstreifen und Kälte trieben mich schnell die Berg hinunter in’s Wiesental und ab Zell / Schönau wurde es dann auch wieder trocken.
Insgesamt hat sie tatsächlich doch Spass gemacht, meine erste größere Ausfahrt in diesem Jahr und ich nahm mir vor, den Heimweg ohne Dosenbegleitung zu machen.
Der Sonntag war per Regierungsdekret motorradfrei und dem Familienereignis vorbehalten. Nicht einmal zum Tatort durfte ich mit der K fahren.
Dies hatte ich zähneknirschend und mit Hinblick auf spätere, lohnendere Genehmigungsaktionen akzeptiert.
Was dann aber folgte, kann man nur unter „verschärfte Folter“ einordnen.
Bei schönem Wetter – es regnete dort tatsächlich nicht! – bekam ich einen Tisch, mit direkter Aussicht auf eine der schönsten Kurven, die ich im Schwarzwald bisher gesehen habe.
Direkt im Scheitelpunkt lag die Gaststätte „zum fröhlichen Landmann“ (auch „happy Agrarökonom“ genannt).
Mein Platz war am Tisch direkt vor dem Fenster und ich musste den ganzen Nachmittag lang Heerscharen von Bikern beim durchgleiten der Kurve zusehen.
Ich tröstete mich mit einer kurzen Sonntagabendrunde, die ich mir fest vorgenommen hatte. Auf dem Nachhauseweg fing es dann deshalb wohl auch wieder fürchterlich zu schütten an…
Montag vormittags, gerüstet mit bestem Wetter und vollem Tank breche ich auf, mit dem festen Vorsatz, nicht den kürzesten Weg nach hause zu fahren.
Nur wohin, wenn die Auswahl so groß ist? Irgendwie ist mir nach „Abenteuer“ und so biege ich bei Utzenfeld ohne Karte, Routenplaner Handy oder gar Navi Richtung Münstertal ab. Eine gut Wahl, wie ich finde obwohl es nun mit jedem Höhenmeter deutlich frischer wird, trotz Frühlingssonne.
Kurz nach dem „Wiedener Eck“ bei der Abfahrt ins Münstertal passiert es dann. Ich muss sagen, die – vielleicht gutgemeinten Warnschilder mit dem Hinweis auf die Anzahl der Verletzten und getöteten Motorradfahrer hat auf mich eine eher verunsichernde Wirkung und ich fahre ohne solche Schilder wesentlich sicherer.
Trotzdem nehme ich den Abstieg in’s Münstertal unter die Räder und es kommt unweigerlich, wie es kommen musste.
Schon ganz oben passiert es:
Die nächste Schnapszahl ist voll!
Die Abfahrt ist wirklich sehenswert und ich bin, am Montag Mittags fast der einzige Verkehrsteilnehmer.
An einer der unzähligen Kurven, in der Nähe des vorderen und hinteren Elends (warum die Orte wohl diesen Namen bekommen haben?) dann das Schild nach Stohren über den Notschrei. Von dieser Strecke habe ich schon gehört und der Hinweis „an Sonn- und Feiertagen für Krafträder gesperrt“ animiert mich dazu, nochmals die eisigen Schwarzwaldhöhen zu erklimmen.
Nur ein einsames Postauto stört meine Auffahrt und in Gießhübel beschliesse ich, auch noch den Schauinsland mitzunehmen und auf der Sonnenseite des Schwarzwaldes Richtung Kirchzarten meinen Weg zu suchen.
Auf der Passhöhe biege ich in Richtung Kirchzarten ab und habe an diesem Tag die erste Begegnung mit einem Lastwagen, der teilweise in den Spitzkehren 2 mal rangieren muss um die Kurve zu kriegen.
Von Kirchzarten aus fällt die Wahl schwer. Ich möchte noch bei Tageslicht heimkommen, aber irgendwie fehlt mir die Lust, jetzt schon Richtung Heimat einzuschwenken und durch’s Höllental die B317 anzusteuern.
Bis Freiburg hatte ich den Schwarzwald schon oft unter den Rädern – damals mit der Dose auf Montage. Der Hochschwarzwald dagegen lockt mit Namen wie Triberg, St. Georgen, St. Peter… Moment! St. Peter? davon habe ich noch gar nichts gehört. Das kann kein kleines Nest sein, wenn es 35km vorher schon angeschrieben ist.
Wagemutig biege ich in die angezeigte Richtung ab und fahre abwechselnd durch kleine Schwarzwalddörfer und hohe Wälder. Die Strassen sind angenehm kurvig, aber lange nicht so anspruchsvoll wie das Belchengebiet – also genau richtig um meine winterlich angestaubten Knochen nunmehr nicht weiter überzustrapazieren.
St. Peter entpuppt sich als ein Kloster mit angeschlossenem Ort. 1093 gegründet, wie ich später in Wikipedia nachlese und überragt von einer imposanten Klosterkirche, die auf mich irgendwie überdimensioniert wirkt.
Möglicherweise hätte ich als kultivierter Mensch hier verweilen sollen und mir zumindestens den Innenraum ansehen, aber mich zieht es weiter.
Nicht weit davon steht an der Strasse ein unscheinbares braunes Schild mit der Aufschrift Kandel. Es weist in die gleiche Richtung wie die Wegweisung nach Waldkirch.
Irgendwann hatte ich mal einen leckeren Waldkirchener Spätburgunder und ich nehme mir vor, diesem freundlichen Ort einen Besuch abzustatten. Wo es so guten Wein hat, muss es auch freundliche Menschen geben!
Zwischen Waldkirch und St. Peter befindet sich dieser mysteriöse Ort Kandel und etliche Meter angenehm gewundener Strasse durch duftende Wälder. Die Lokation erweist sich wieder einmal als Passhöhe und stellt die höchste Erhebung im mittleren Schwarzwald dar, wie meine späteren Recherchen ergeben.
Hätte ich meinen Schlitten im Gepäck, wäre eine Rodeltour noch möglich gewesen.
Von dort oben hat man einen sagenhaften Ausblick, leider war es sehr dunstig und so setze ich meinen Weg Richtung Waldkirch fort.
Die Strecke vom Kandel nach Waldkirch soll bei Radfahrern sehr beliebt sein und tatsächlich begegnen mir auch einige, die diese Strasse bergauf hasten. Wobei Strasse eine ziemlich großzügige Bezeichnung für dieses Meisterwerk Baden-Würtembergischer Baukunst ist. Gebaut nach dem Motto „Vieli Fleck gähn au e Strooß“ kann das eigentlich nur eine Art Notausgang sein.
Hier hat auch ein naher Verwandter unserer K’s eines seiner letzten Rückzugsbiotope: Das Fichtenmoped!
Mit Biberähnlichen Bauten richtet es sich in den Wäldern nach seinem ureignen Geschmack ein. Die Anzahl der Knickfichten beweist, dass die Population noch lange nicht ausgerottet ist.
Unten im Tal grüßt mich die Kastelburg von der gegenüberliegenden Bergflanke.
Hier ist es nun endgültig Frühling und Büschel von „Himmelsschlüsseli“ im Wald wechseln sich mit Narzissen und Forsythien in den Ortschaften ab.
Die ersten Fluginsekten verabreden sich mit meinem Visier zu spontanen Verbrüderungsfesten. Wie ich kurz darauf vernehme, sollen viele davon ein echter Knaller gewesen sein!
Hier gibt es vorerst keine steilen Bergstrecken mehr und ich folge nun dem gewundenen, weidenbewachsenem Lauf der Kinzig in eines der größten Schwarzwaldtäler.
Nachdem ich kurz vorher erwog, dem Glottertal einen Besuch abzustatten lockt mich nun doch die Wegweisung nach Freudenstatt noch ein letztes Mal auf die Höhen des Schwarzwaldes.
Freudenstadt – den Namen kenne ich von der A81 und das ist die Richtung, in die ich letztendlich auch hinmuss. Tatsächlich steht auch schon bald ein Autobahnzeichen auf der Wegweisung, welcher ich in gemächlichem Tempo folge.
Gemächlich deshalb, weil mit einem Mal das Verkehrsaufkommen, speziell der großen Brummi’s gewaltig angestiegen ist.
Ich konnte trotz angestrengtem Nachforschens immer noch nicht herausfinden, welchen Sinn es hat, aus der Rheinebene gewaltige Baumstämme hinauf in den Schwarzwald zu karren.
Vor Allem weil diese Stämme entrindet und entastet waren.
Hätten sie noch ihr Nadelkleid und Wurzeln gehabt würde ich vermuten, dass hier der Schwarzwald für Touristen mit Baumriesen aufgeforstet wird, aber so muss ich schlussendlich vermuten, dass es mir durch Zufall gelungen ist einen der geheimnisvollen Langholzschmugglerwege der Eingeborenen zu entdecken.
Trotzdem macht die langsam ansteigende Strecke durch Ortschaften wie Gengenbach, Wolfach oder Schiltach Spass.
95km zieht sich das Tal insgesamt durch den Schwarzwald und soll schon in römischer Zeit ein bedeutender Verkehrsweg gewesen sein, wie ein beschrifteter Mauerrest auf einer der pestartig überall anwachsenden Kreisverkehrsinseln behauptet.
Mit Schramberg erreiche ich dann wieder die Höhe des Schwarzwaldes und Namen wie z.B. Junghans erinnern mich daran, dass ich in der Fünftälerstadt im Reich der Tüftler und Erfinder bin.
Bald schon endet der bergige Teil des Schwarzwaldes und die Gegen verwandelt sich in ein sanft geschwungenes Auf und Ab kleiner Hügel, während ich Richtung Rottweil fahre. Noch ein kurzer Stop für ein letztes Foto über die Schulter am Strassenrand.
Lustigerweise bin ich nicht der einzige Fototourist hier, vor mir parkt ein weisser Passat aus Karlsruhe. Durch die abgedunkelten Scheiben kann ich vage eine beeindruckende Fotoausrüstung entdecken und während ich einen Schluck Wasser aus meinem Tankrucksack trinke, gelingt dem Kameraden ein geglückter Schnappschuss eines vorbeirasenden LKW’s.
„Weidmannsheil, Kollege“ denke ich schadenfroh, während ich meinen Helm für die nun folgende Autobahnstrecke festzurre.
Ob wohl der Rest der Familie mit der Dose schon zuhause ist? Möglicherweise, aber sicher war deren Strecke lange nicht so schön wie meine. Auf dem Rasthof Schönbrunn gönne ich mir noch ein leckeres Mittagessen und meiner K einige Liter Sprudel.
Wärend ich auf der Terasse meinen Espresso schlürfe, biegt ein rotes Auto mit Augsburger Kennzeichen in eine der Parkbuchten ein. – Familienzusammenführung, insgeheim grinse ich; Ich werde doch Erster in der Heimat sein.
Sehr schöner Bericht. Da ich gerade Führerschein mache, freue ich mich schon auf genau solche Ausfahrten. Du hast es geschaft meine Ungeduld noch zu steigern.
Viele Grüße
gottie