Mein Kollege Manfred ist ein Rumänien-Deutscher, mit dem ich schon lange zusammenarbeite und der nun seine Rente geniessen darf. Immer wieder hat er mir von seiner Heimat erzählt und ich verfolge schon lange in seinen Erzählungen mit, wie er sich in seiner alten Heimatstadt Steierdorf ein Haus gekauft und es nach und nach renoviert hat.
Als Alternative zu einem Fotourlaub in Venedig entschieden sich Mäx von Elan-Fotografie und ich uns, ihn dieses Jahr dort zu besuchen. Wir hatten 4 Tage zur Verfügung. Wenig Zeit für eine völlig unbekannte Region, wenn man bedenkt, dass für An- und Abreise jeweils ein ganzer Tag mit 14-15 Stunden (auf rumänisch heisst 15 Stunden Fahrt „knapp 11 Stunden“) Autofahrt nötig war.
Im Vergleich zur Fotoausrüstung war unser restliches Gepäck ziemlich überschaubar und so fand noch ein ganzer Sack Spielzeug und einige kleine Süßigkeiten für ein rumänisches Kinderheim den Weg in unseren Kofferraum.
Morgens um 8 Uhr 8:45Uhr ging es los, auf die Autobahn Richtung Osten. Die ersten Kilometer liefen super, dank Manfreds Hinweis, dass es eine gute Idee wäre an einem Feiertag ohne LKW-Verkehr zu reisen. Wir kamen zügig bis Hengersberg zu einem LPG-Tankstop, fuhren weiter bis Passau, machten wegen dem Navigon-Navi einen landschaftlich reizvollen Abstecher durch das Donautal, der sich allerdings sehr negativ auf unsere Zeitbilanz auswirkte.
Kurz vor Linz schlugen wir die Ratschläge der Navitante in den Wind, folgten den Beschilderungen Richtung Autobahn und erreichten diese, nachdem wir der Navigationssoftware unter Androhung einer unautorisierten Beförderung durch das geöffnete Fenster dazu überredet hatten, auch mautpflichtige Straßen zu benutzen. Eventuell hätten wir keine schwäbische Ausgabe der elektronischen Karten installieren dürfen. Wir schafften es zur nächsten LPG Tankstelle bei Ybbs, wo wir ein kleine Rast einlegten.
Vorbei am Großstadmoloch Wien ging es erst durch riesige Windradwälder in Richtung Ungarn, dann weiter durch ausgedehnte Akazienwälder. Den ungarischen Grenzübergang hätten wir wohl gar nicht bemerkt, wenn wir nicht auf der Suche nach einer Verkaufsstelle für die „Matizia“ – die ungarische Autobahnvignette gewesen wären. Die ungarischen Autobahnen waren, bis auf eine riesige Baustelle in Budapest traumhaft und wir kamen zügig voran.
Als wir uns durch Szeged kämpften, dunkelte es bereits, wir konnten aber trotzdem noch erkennen, dass auch Szeged einen Besuch wert gewesen wäre.
Kurz nach Mako erreichten wir die rumänische Grenze und das Abenteuer ging erst richtig los.
Nach dem Kauf der rumänischen Vignette fühlten wir uns gerüstet, die lächerlichen 250 restlichen Kilometer hinter uns zu bringen. Wir stellten jedoch bald fest, dass rumänische Kilometer irgendwo in einem Paralleluniversum existieren, in dem die Zeit anscheinen langsamer vergeht. Je weiter wir in Richtung Timisoara vorsteißen um so schlechter wurden die Straßen. Mittlerweile war es fast Mitternacht und wir nahmen nach einem Tankstop die restlichen 130Kilometer bis Resita in Angriff. In stockdunkler Nacht, auf Straßen die mit Schlaglöchern gespickt waren, wie der englische Teekuchen von Tante Magda mit Rosinen, war an zügige Fahrt nicht mehr zu denken. In Resita verpassten wir die richtige Abfahrt und drehten eine Ehrenrunde, auf der wir die örtliche Polizei beim Hochklappen der Bordsteine beobachten konnten. Immer langsamer führ der Streifenwagen vor uns, bei 15kmh hatte ich keine Lust mehr und überholte. Die Polizisten folgten uns nicht; Später merkte ich, dass sie wahrscheinlich nur unsere Nebelscheinwerfer im Rückspiegel loswerden wollten, die ich aus zu schalten vergessen hatte.
Die letzten 30 Kilometer sollten wir laut Manfred wegen der Serpentinen sehr vorichtig fahren. Doch nicht die Kurven ängstigten uns, sondern eher die vielen streunenden Hunde, die plötzlich aus dem Dunkeln am Fahrbahnrand auftauchten oder gar hinter engen Kurven auf dem warmen Straßenbelag dösten. Hatte ich Anfangs noch die Kurven nach den endlosen geraden Landstraßen begeistert in Angriff genommen, so wurde ich dann doch sehr schnell vorsichtiger und wir kämpften uns in der Stunden nach Mitternacht durch den stockfinsteren Karpatenwald des Semenic Gebirges. Nach fast 16 Stunden Fahrt hatten wir unser Ziel erreicht und fielen todmüde in die Betten – nicht ohne vorher noch das vorbereitete Abendessen aus Gurken, Tomaten, fettem Speck und Schnaps zu würdigen.