Okt 012012
 

Heute morgen begrüßte uns – entgegen aller Voraussagen mit Sonnenschein. Eigentlich wollten wir gleich losziehen, aber vorher wollten wir noch die anderen Gäste verabschieden, die leider abreisen mussten. Wir hatten sie zwar nur kurz kennengelernt, fanden sie aber sofort so sympathisch, dass wir ihnen spontan eine Adresskarte mitgaben.

Danach ging es los Richtung Gesturi, wo wir eine Weberei besichtigen wollten. Halt! Vorher noch tanken. Zum Glück gab es am Ort eine der vielen Selbstbedienungs Tankstellen, an die wir unsere kleinen Scheine verfütterten. Hier brennen derzeit überall die Felder, anscheinend mit Absicht abgefackelt. So flackerten auch neben der Tankstelle die Flammen auf dem Feld. Während wir 10 Liter in den Tank getröpfelt hatten war das Feuer merklich näher gekommen und wir beeilten uns weg zu kommen.

Über Mogorella wollten wir weiter nach Villaurbana und Usellus, wo irgendwo das kleine Weberdorf liegen sollte. Leider war es in unserer Karte nicht eingezeichnet. Doch wie immer kam alles anders – Schon von Weitem sahen wir eine große WIndkraftanlage, die ich fotografieren wollte. Auf dem Weg dahin fielen mir auch noch Hinweisschilder auf eine der berühmten Nuraghen auf; Wir hatten die ganze Zeit noch keine aus der Nähe besichtigt, das wollten wir nachholen.
Aber vorher machten wir in dem Dörfchen noch eine kurze Rast in dem netten, aufgeräumten Bergdorf, wir waren ohne Frühstück losgefahren und das rächte sich jetzt.

Überhaupt machen die Dörfer in den Bergen einen saubereren Eindruck als die Küstenstädte. Wir wollten noch etwas weiter in Richtung Ruinas und irgendwann habe ich einfach das Umdrehen und zurück zur Route fahren vergessen. Die imposante Kulisse eines – scheinbar namenlosen Flusstales lockte uns immer weiter und irgendwann beschlossen wir über die SP33 und Sanmugheo unser ursprüngliches Ziel anzusteuern. Als dann unterwegs auch noch ein Schild Sanmugheo als Zentro Tessilo anpries, beschlossen wir einfach unseren Plan zu ändern.
Mittlerweile fielen die ersten Regentropfen – mehr erfrischend als wirklich ärgerlich. Trotzdem steuerten wir spontan eine Pizzeria an, denn mittlerweile machte sich der Hunger und auch Durst bemerkbar. Auch fielen die Tropfen jetzt heftiger und ich hatte Bedenken wegen der Kamera im Tankrucksack. Natürlich hatten wir keine Regenhaube für den Tankrucksackk nach Sardinien mitgenommen.

In der Pizzeriea begrüßte uns Salvatore herzlich und teilte uns mit, dass er heute kein Essen habe. Wir müssen wohl sehr enttäuscht ausgesehen haben, denn er bot uns gleich Getränke an und, nachdem wir uns in unserem holperigen Italienisch unterhalten hatten und er uns erzählte, dass er in Köln bei der Bahn gearbeitet hatte. Schliesslich schickte er uns in den Ort, dort könnten wir etwas kaufen und auch essen. Es war wohl irgendein Fest.

Nachdem wir unsere Helme bei Ihm zur Aufbewahrung gelassen hatten machten wir uns zu Fuss auf den Weg und es stellte sich heraus, dass hier wohl so eine Art Dorffest im Gange war. Überall liessen weit offen stehende Türen den Blick in die Häuser zu und an einigen von diesen Häusern waren Schilder mit dem Wort „Degustatione“ zu finden. Diese Anwesen waren numeriert und mit einem Bündel Zweige markiert, was mich sehr an die schwäbischen Besenwirtschaften erinnerte.

Bald fanden wir heraus, dass hier das „Sagra del Pane“ gefeiert wurde, das Brotfest und zu diesem Zwecke viele Ihren Hausbackofen anheizten um ihre Rezepte anzubieten. Natürlich gab es nicht nur Pane, sondern auch Käse, Wurst, Dolci und immer wieder Vino, Vino, Vino… Ich lehnte jedesmal ab mit dem Hinweis auf das Motorradfahren, liess mich aber dann immer wieder überreden, einen kleinen Becher mitzunehmen um die freundlichen Leute nicht zu beleidigen. Natürlich war das alles Vino die Casa und jeder entsprechend stolz darauf, was ich nun wiederum nachvollziehen konnte. An einer Stelle wurde sogar der FilouFerro gebrannt und an anderer Stelle ein Ochse gebraten. Ein Haushalt bot auch seine Seifen an, was mich wieder sehr interessierte, denn hier konnte man auch die Esel, von denen die Milch für die Eselmichseife stammte streicheln.
Es war verblüffend, wie freundlich und offen die Menschen hier auf uns als Deutsche reagierten und sehr oft wurde uns, manchmal unter Tränen erzählt, dass der Sohn, die Tochter oder der Ehemann zum Arbeiten in Deutschland lebte.
Überhaupt herrscht hier anscheinend eine hohe Arbeitslosigkeit und – so kam es mir manchmal vor auch ein Wenig Hoffnungslosigkeit, von der allerdings hier beim Fest nur wenig zu spüren war. Ich habe den Eindruck, dass mein spärliches Italienisch hier stark über die „Konversationsstufe A1“ hinaus gewachsen ist 😉

Satt vom vielen Brot verkosten und etwas müde von den vielen Weinproben (ich habe natürlich immer nur einen Schluck im Beisein des Gastgebers probiert und die Becher später heimlich irgendwo stehen lassen) trafen wir wieder bei Salvatore ein. Noch einen Espresso und dann verabschiedeten wir uns auch hier um ein Stück weiter zu fahren um an einem auf der Karte verzeichneten Castello ein kleines Nickerchen zu machen. Leider hatte ich wieder einmal nicht mit den italienischen Strassenbeschilderungen gerechnet; wir kamen nie an besagtem Castello an. Dafür begegnete uns plötzlich mitten in der Landschaft eine Herde Schafe die anscheinen völlig selbstständig von einem Hund weitergetrieben wurde. Aufmerksam sah der Hund sich immer wieder um und, als er unser Motorrad sah, hörte oder roch trieb er die Herde schnell hinter eine Leitplanke. Ich war sehr beeindruckt von den wachen intelligenten Blick, den uns der Hund im Vorüberfahren zuwarf.
In einiger Entfernung sahen wir dann doch den zugehörigen Schafer die Strasse hochkommen und ich hielt an um das Schauspiel fotografisch festzuhalten.
Danach ging es weiter über eine hervorragend ausgebaute Strasse über Atzari, dem wunderschönen Berstädchen Meano Sardi zu dem vornehm wirkenden Laconi. Die Strecke führt über den Monte Santa Sofia und ich kann sie nur jedem Motorradfahrer empfehlen. Bei einem meiner zahlreichen Fotostops wurden wir wieder von einem Einheimischen angesprochen und aus einem kurzen Austausch über das Panorama wurde sehr schnell eine Diskussion über das Rentensystem in Deutschland und Italien, was meine Sprachkenntnisse schnell überforderte. Wieder wurde eine Art Hoffnungslosigkeit spürbar; Deutschland scheint hier immer noch das gelobte Land zu sein, ein Bild das ich nur schwer geraderücken konnte – immerhin sind meine 6 Kinder alle in Ausbildung und Arbeit, was auf Sardinien anscheinen nur wenige sagen können.
Nun begann die Sonne schnell zu sinken und wir machten uns auf die Suche nach einer Pizzeria. Diese Suche führte uns dann bis nach Oristano, wo wir dann in einer Art Italienischem Fastfood eine Riesige Pizza verdrückten.
Scheinbar sind hier zu Saisonende doch schon viele Restaurants geschlossen, denn wir fanden immer wieder Hinweisschilder, aber keine zugehörigen Gaststätten.

Müder erreichten wir in der Dunkelheit über die nun schon vertraute Schotterpiste wieder unser Urlaubsquartier. 180Kilometer s´tanden mehr auf der Uhr, aber es waren interessante und aufregende Kilometer.

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